Mein erster Blogeintrag – wer hätte gedacht, dass dieser mit der AfD zu tun hat…

Heute beginnt eine Serie von AfD-Landesparteitagen in der Ulmer Donauhalle ein paar Kilometer Luftlinie von dem Schreibtisch, von wo aus ich diesen Blogeintrag schreibe. Genau habe ich mich nicht wirklich damit beschäftigt, was die Nominierten da heute und in den nächsten Wochen vorhaben.

Im Vorfeld gab es natürlich in Richtung der Stadtverwaltung Ulm die Frage, warum man diese Veranstaltung zulässt, und diese nicht verhindert.

Naja, ich kann die Stadt Ulm schon verstehen, immerhin haben zuletzt in Thüringen und Sachsen etwa jede Dritte Person, die gewählt hat, hat diese Partei gewählt. Entsprechend muss man die AfD leider sehr ernst nehmen. Es fällt mir nur schwer, die AfD als “demokratische” Macht in Deutschland zu akzeptieren, obwohl sie definitiv demokratisch gewählt ist. Zu Demokratie gehört aber eben mehr als nur “einfache Lösungen” zu propagieren und dann auf Stimmenfang zu gehen und die Unzufriedenheit der Menschen auszunutzen…
Aber was tun, um den Trend umzukehren? Da gibt es ja vermeintlich viele Möglichkeiten:

Weg 1: Lasst uns diese Partei einfach verbieten! Wirklich, ist es so einfach? Ich denke nicht. Was würde denn so ein Parteiverbot wirklich bewirken? Zunächst einmal würde man den Wählerwillen von fast jeder Fünften zur Wahl gehenden Person ignorieren (übrigens eine bewusste Formulierung: nicht jede Fünfte Person in der BRD wählt die AfD, sondern jede Fünfte zur Wahl gehende Person – mal drüber nachdenken!). Und die Wählerinnen und Wähler zu ignorieren kann nicht der richtige Weg sein! Ein Problem wurde noch nie behoben, bloß weil man gesagt hat “das Problem ist jetzt weg”… Und darüber hinaus wollen wir der AfD doch auch keine Märtyrer-Bühne geben, oder? Geht die AfD durch Verbot, kommt eine neue Partei mit den selben Spielern, die dann halt wieder gewählt wird…

Weg 2: Lasst und diese Partei einfach wegregieren! Ein tolles Wort, dass, ich denke es war Herr Dobrindt, da geschaffen hat: wegregieren. Das stelle ich mir auch nicht gerade einfach vor. Es ist in den vergangenen Jahren (und nicht nur in den letzten 3 Jahren unter der Ampel) schon einiges nicht optimal gelaufen, um es milde auszudrücken. Und natürlich ist das Nährboden für Rechts. Veränderter bzw. verschlechterter Wohlstand war schon immer Nährboden für Rechts. Da gibt es nichts zu diskutieren. Was die Menschen gerade in dieser schwierigen Zeit brauchen sind Lösungen. Keine Worte, sondern Taten. Keine geretteten Werften und Klein-Klein, sondern große, vielleicht auch disruptive Ansätze. Und das wäre aus meiner Sicht wegregieren. Frei nach Willy Brandt: “Wir müssen wieder mehr wagen!”

Ist die SPD bereit, etwas zu wagen? Bereits im Wahlkampf zur letzten Bundestagswahl hat Olaf Scholz gezeigt, wie er regieren wird. Ich erinnere an ein TV-Duell mit Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Bärbock: während die beiden letzteren sich duelliert haben, war Olaf Scholz einfach ruhig. Während die zwei anderen sich durch Lachattacken und Lebensläufe selbst zerlegt haben, war Olaf Scholz einfach still. Wo nicht gearbeitet wird, geschehen auch keine Fehler. Und das ist genau sein Regierungsstil: bloß nicht auffallen, bloß keine Fehler machen. Und mit dieser Art und Weise, kann man die AfD nicht “wegregieren”. Ein Kanzler der nicht präsent ist, der nicht regiert, hat an der Spitze eines Staates nichts zu suchen. Teil des Problems ist zudem aus meiner Sicht, dass Olaf Scholz nicht den Rückhalt seiner Partei hat, wenn es um Entscheidungen geht. Die SPD-Doppelspitze Saskia Esken und Lars Klingbeil lassen dem Kanzler nicht den Spielraum den er bräuchte, um auch mal Entscheidungen durchzusetzen, die nicht unbedingt im Ur-Interesse der SPD sind, aber für Deutschland durchaus sinnvoll wären.

Die FDP hatte aus meiner Sicht die Chance etwas disruptiv zu verändern indem sie der Ampel den Rücken kehren (und das müssten Sie meiner Meinung nach auch tun, wenn sie 2025 noch im Bundestag landen wollen – die Zeit läuft!), genutzt haben sie diese Chance nicht.

Die Grünen haben angefangen sich zu verändern. Der Bundesvorstand zieht sich zurück. Aber was ist mit den grünen Ministerämtern. Wie reagieren Annalena Bärbock und Robert Habeck? Wir werden sehen.

Natürlich habe ich auch eine Meinung zur CDU/CSU im Bundestag. Ganz ehrlich: das Verhalten der Fraktion nervt mich schon auch ziemlich. Mit Stichtag Bundestagswahl 2021 hat die Fraktion in den Oppositionsmodus geschaltet und sich dermaßen destruktiv verhalten, dass ein Miteinander wirklich schwierig war. Es gab helle Momente, gerade zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, aber das wars auch schon fast. Ich kann die Regierung schon verstehen, dass sie die jetzigen Angebote gemeinsam etwa zu verändern eher skeptisch sieht und vielleicht sogar die ein oder andere Falle hinter den Aussagen vermuten (wobei ich nicht denke, dass es Fallen gibt, aber das ist meine Meinung). Friedrich Merz ist aus meiner Sicht höchstens der drittbeste Kandidat, den die CDU/CSU hätte als Kanzlerkandidat nominieren können. Hendrik Wüst oder Markus Söder hätten aus meiner Sicht mehr Chancen auf einen Wahlsieg. Olaf Scholz  hat nicht umsonst reagiert, wie er reagiert hat. Friedrichs Merz Vergangenheit wird uns im Wahlkampf sicher mehr als einmal einholen.

Aber was wäre denn das beste für unser Land? Lassen Sie mich mal kurz rumspinnen und zwei Szenarien aufbauen:

Szenario 1 (basierend auf einer aktuellen Forsa-Umfrage vom 01.10.2024):
Es ist Oktober 2025. Wahlabend. Die CDU/CSU hat die Wahl erwartungsgemäß mit 31% der Stimmen gewonnen. Friedrich Merz strahlt übers ganze Gesicht, obwohl er weiß, dass eine schwierige Regierungsbildung vor ihm liegt. Die SPD hat mit Olaf Scholz 17% der Stimmen erhalten – für schwarz/rot (GroKo) reicht es also nicht. Die Grünen haben mit Robert Habeck 10% erhalten. Also doch eine Kenia-Koalition? Das wird mit der CSU aber schwierig bis unerreichbar, wenn man den zurückliegenden Wahlkampf betrachtet. Die FDP hat mit Christian Lindner 4% den Einzug in den Bundestag verpasst, also auch keine Option. Über die LINKE brauchen wir uns mit 3% auch keine Gedanken machen, ein Bündnis wäre wohl eher auch schwierig gewesen. Die BSW schafft es aus dem Stand mit 6% in den Bundestag. Die AfD verbessert sich auf 17% – aber keine Angst: die Brandmauer steht (und das soll nicht ironisch klingen, die Brandmauer ist wichtig!)! Unter Strich bleibt also doch nur die Kenia-Koalition. Die CSU muss Kreide fressen und in den Folgejahren wird man sich wieder gegenseitig blockieren, egal was im Koalitionsvertrag steht. Dafür sind die Positionen der CDU/CSU und der Grünen einfach zu weit auseinander (siehe Ampel in der aktuellen Legislaturperiode). Olaf Scholz wird Vizekanzler und Finanzminister, Robert Habeck bleibt Wirtschaftsminister, über den Rest wird diskutiert werden. Veränderung und gemeinsames gestalten: schwierig…

Szenario 2 (basierend auf meinen Gedanken):
Es ist Oktober 2025. Wahlabend. Die CDU/CSU hat die Wahl erwartungsgemäß mit 30% der Stimmen gewonnen. Friedrich Merz strahlt übers ganze Gesicht, obwohl es am Ende doch knapper war als erwartet. Und dass es knapp wird war klar, nachdem Olaf Scholz im Oktober 2024 den weg frei gemacht hat für Boris Pistorius, der die SPD in den Bundestagswahlkampf 2025 geführt hat. Der zum damaligen Zeitpunkt mit Abstand beliebteste Politiker, der in den Jahren zuvor als Verteidigungsminister gezeigt hat, wie Veränderung gehen kann (auch wenn diese von Haushaltsdebatten spürbar eingebremst wurde), hat die SPD nach einjährigem Wahlkampf zurück zu alter Stärke geführt und 25% der Wahlstimmen auf sich vereint. Damit ist die Koalition eigentlich klar: GroKo! Eine stabile Regierung aus der gesellschaftlichen Mitte heraus. Die Grünen unter Robert Habeck haben 10% erhalten, die FDP unter Christian Linder sind, ebenso wie die LINKE, an der 5%-Hürde gescheitert. Das BSW schafft es mit 5% gerade so in den Bundestag, die AfD bleibt bei dem Ergebnis aus 2021, nämlich gute 10%. Wird die GroKo einfach? Sicher nicht. Aber die GroKo hat 16 Jahre lang bewiesen, dass man das Land stabil und sicher führen kann. War damals alles perfekt? Nein! Wird morgen alles perfekt sein? Nein! Es wird aber wichtig sein, das im Wahlkampf versprochene umzusetzen: gemeinsam als schwarz/rot die Probleme der Menschen (wieder) ernst nehmen, keine Symbolpolitik betreiben sondern nachhaltig etwas im Land verändern.

Wunschträumerei? Ich weiß nicht. Welche echten Alternativen haben wir denn? Bin gespannt, was in Thüringen und Sachsen am Ende im Rahmen der Regierungsbildung rauskommt, wenn man gezwungen ist, mit Parteien außerhalb der politischen und gesellschaftlichen Mitte zu regieren. Ich werde auf jeden Fall im kommenden Wahlkampf alles dafür tun, das wir eine Regierung aus eben dieser politischen und gesellschaftlichen Mitte erhalten – versprochen.

Zurück zur heutigen Veranstaltung in Ulm. Natürlich gab es eine Gegendemo zum Parteitag, die glücklicherweise sehr friedlich verlaufen ist. Tausende waren auf den Straßen und haben für Demokratie protestiert. “Wir brauchen keine Alternative zur Demokratie” soll OB Martin Ansbacher (SPD) gesagt haben. Richtig so. Es gibt keine Alternative zur Demokratie.

Im Focus online hat zuletzt Hugo Müller-Vogg im Zuge des “Thüringer Eklats” etwas geschrieben, das mich beeindruckt hat: “Die Deutschen sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen: Keine Geschäftsordnung und kein Gericht können die AfD auf Dauer schwächen. Das können nur mehrheitlich demokratisch gesinnte Wähler – und zwar mit dem Stimmzettel.” Denken Sie mal drüber nach. Ich greife meinen Gedanken von oben nochmal auf: nicht jede Fünfte Person in der BRD wählt die AfD, sondern jede Fünfte zur Wahl gehende Person.

Mit diesem Gedanken startet nun also mein Blog. Ich freue mich, wenn Sie immer mal wieder hier reinschauen. Ich versuche mich auch, das nächste Mal etwas kürzer zu fassen ;-).

Ihr
Walter Nadig

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